Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) prognostiziert in ihrer aktuellen vierteljährlichen Finanzvorschau ein Bilanzdefizit von rund 900 Millionen Euro. Bei einem Gesamtbudget von 21 Milliarden Euro für das Jahr 2025 entspricht das einem Defizit von 4,29 Prozent.
Fakt ist: Immer mehr Menschen gehen immer häufiger zum Arzt. Hauptgründe für diese Entwicklung sind eine massive Leistungsausweitung, die zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung führt, sowie die Entlastung der Krankenhäuser und die Verlagerung der Versorgung in den niedergelassenen Bereich. Die Herausforderung für die Gebarung der ÖGK ergibt sich aus einem sinkenden Wirtschaftswachstum und der Alterung der Bevölkerung.
Welche Faktoren die finanzielle Situation der ÖGK direkt beeinflussen
- Die ÖGK ist beitragsfinanziert: Die schwache Wirtschaftsentwicklung und die steigende Arbeitslosigkeit reduzieren die Beitragseinnahmen.
- Demografie: Ältere Menschen gehen häufiger zum Arzt und sind öfter chronisch krank. Der demografische Wandel verschärft die Situation zusehends.
- Rekordanstieg bei Arztbesuchen: Die ÖGK verzeichnet einen signifikanten Anstieg bei Arztbesuchen, zudem werden immer mehr medizinische Leistungen in Anspruch genommen und die Behandlungen sind kostenintensiver.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat das Wirtschaftswachstum für 2024 nach unten korrigiert, auf ein Minus von 0,9 Prozent. Für 2025 geht das WIFO von einem stagnierenden Wachstum aus. Die Rezession wirkt sich unmittelbar auf die Beschäftigung aus – ein entscheidender Faktor für die ÖGK, die als beitragsfinanzierte Sozialversicherung direkt davon abhängig ist.
Spitäler lagern Leistungen aus: Strategie greift, finanzielle Herausforderung bleibt
Die gezielte Verlagerung von Leistungen aus dem Spitalsbereich in den niedergelassenen Bereich entlastet Krankenhäuser. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 24 neue Primärversorgungseinheiten eröffnet, die Versicherten eine hochwertige Versorgung mit einem breiten Leistungsangebot zu erweiterten Öffnungszeiten bieten. Die Ausgaben für medizinische Versorgung sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im Vorjahr verzeichnete die ÖGK eine Ausgabensteigerung von 8,3 Prozent im Vertragsarztbereich, die sich vor allem in folgenden Aspekten widerspiegelt:
- Mehr Arztbesuche: Immer mehr Menschen gehen immer häufiger zum Arzt/zur Ärztin.
- Höhere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen: Bei einem einzelnen Arztbesuch werden zunehmend mehrere Untersuchungen und Behandlungen durchgeführt.
- Zunahme kostenintensiver Behandlungen und Therapien: Der medizinische Fortschritt ermöglicht neue, aber oft teurere Behandlungsoptionen.
Auch im Bereich der bildgebenden Diagnostik zeigt sich diese Entwicklung: Während in Krankenhäusern um 17 Prozent weniger MR-Untersuchungen durchgeführt wurden, stieg die Anzahl dieser Untersuchungen bei niedergelassene Ärzten und Instituten in den vergangenen Jahren um 68 Prozent. Trotz dieser Leistungsverlagerung in den niedergelassenen Bereich zahlt die ÖGK mittlerweile jährlich knapp 6 Milliarden Euro an Spitäler.
Medizinischer Fortschritt kommt an
Bessere Therapien, moderne Medikamente: Die ÖGK ermöglicht ihren 7,6 Millionen Versicherten einen niederschwelligen Zugang zur medizinisch optimalen Versorgung. Neue, innovative Medikamente kommen in Österreich zeitgerecht auf den Markt - vor allem im Bereich der seltenen Erkrankungen, der Onkologie und der Stoffwechselerkrankungen. Diese neuen Medikamente verbessern die Lebensqualität der Patient*innen stark, sind jedoch teuer. So verursachen etwa 0,8 Prozent aller Verordnungen rund 41 Prozent der Gesamtkosten; die teuersten fünf Medikamente machen fast 10 Prozent der Medikamentenkosten aus. Insgesamt sind die Kosten pro Verordnung in den vergangenen fünf Jahren um rund ein Drittel gestiegen.
Die ÖGK erarbeitet ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Kostendämpfung, um die finanzielle Stabilität langfristig zu verbessern. Effizienzsteigerungen und gezielte Einsparungen sollen dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft auf hohem Niveau sicherzustellen. Dennoch ist klar, dass angesichts der demografischen Entwicklung, der Ambulantisierung und den zusätzlich übernommenen Aufgaben ein zusätzlicher Finanzierungsbeitrag des Bundes unumgänglich ist, um die langfristige Finanzierbarkeit sowie den nötigen Ausbau der Gesundheitsversorgung sicherzustellen.